Im Süden Tansanias erreichten wir ein Dorf, in dem “es rund ging.” Offenbar wurde ein Fest gefeiert. Wie wir auf Nachfrage erfuhren, ging es um ein Tanztraining für das Saba Saba Fest. Saba Saba ist Suaheli und bedeutet „sieben sieben“. Der 7. 7. war so etwas wie ein Nationalfeiertag.
Auf dem Fest traten verschiedene Dörfer mit Ihren Tanzgruppen zum Wettstreit an.
Die Tänzerinnen und Tänzer hatten landestypische oder regional typische Kleidung angelegt. Das schauten wir uns an. Je länger das Fest dauerte, desto mehr kamen die Tänzerinnen und Tänzer in Stimmung.
Das mag zum Einen daran gelegen haben, dass sich einige in Trance tanzten, zum Anderen daran, dass reichlich von einem Bier ähnlichen Gebräu getrunken wurde. Man bot uns an, auch davon zu trinken. Unsere Geschmacksrichtung war das aber eher nicht. Die Stimmung war zwar nicht aggressiv, doch zogen wir es vor, hier besser nicht über Nacht zu bleiben.
Da es noch nicht zu spät am Nachmittag war, fuhren wir weiter Richtung Süden. Es war offenes Land oder wie der Waidmann sagen würde, gutes Jagdgelände. Es wurde mal wieder Zeit, ein Stück Fleisch zwischen die Zähne zu bekommen. Wir hatten ja schon herausgefunden, ein Steinböckchen oder auch Dik Dik genannt, war von der Fleischmenge her für uns geeignet.
Außerdem schmeckte es entfernt wie Leber. Unser kleiner elektrisch und mit Gas betriebener Kühlschrank war nur für die mitgeführten Filme, Pillen und Salben vorgesehen. Also musste erlegtes Wild entweder immer gleich von uns zubereitet und gegessen werden oder wenn das Wild zu groß und zu schwer war, musste es mit Einheimischen geteilt werden. Das hatte bisher schon ein paarmal gut funktioniert. Also gingen Helmut und ich auf die Pirsch. Die Gegend sah vielversprechend aus. Keine Hütten mit Menschen, die wir gefährden konnten und keine Hirten mit ihren Tieren waren zu sehen. Zuerst für Sicherheit sorgen, so hatte ich es gelernt. Schließlich hatte ich ja den Lehrgang für die deutsche Jägerprüfung absolviert. Mit unserem „Gastgeschenk“ fanden wir dann bald ein kleines Dorf, oder besser ein paar Hütten, unweit der Straße. Die Zubereitung des Wildbrets war die Sache der Dorfbewohner .
Um das offene Feuer wurde gemeinsam das Wild verspeist. Frischer geht’s nicht. Ein junger Mann spielte auf einer Art Ukulele, die Mädchen tanzten und sangen und Helmut und ich zeichneten das Ganze auf Tonband auf.
Am nächsten Morgen ließen wir uns Zeit. Ich hatte unseren Campingtisch aufgestellt und die Reiseschreibmaschine ausgepackt und begann meine Tagebuchaufzeichnungen zu tippen.
Eines der jungen Mädchen interessierte sich für das was ich da machte. Sie schaute mir eine Zeit lang zu. Dann war ich mit meinem täglichen Reisebericht fertig.
Ich spannte einen blanko Moby Dick Briefbogen ein und bot ihr meinen Stuhl an. Sie möge doch einmal ihren Namen auf der Maschine schreiben, forderte ich sie auf. Sie wusste natürlich was eine Schreibmaschine ist, hatte aber wohl noch nie eine Taste gedrückt. Ich zeigte es ihr. Immerhin schaffte sie es, ihren Namen mit der Maschine zu schreiben. Den Bogen schenkte ich ihr als Andenken an die „Moby Dicks“.
Am späten Vormittag starteten wir Richtung Iringa und Mbeya. Die Entfernung zwischen den beiden Orten beträgt 380 Kilometer, laut Karte. Für uns bedeutete das etwa eine Tagesreise. Am Ortsausgang von Iringa entdeckte Henner einen Bäckerladen und kaufte Brot. Im Laden traf er einen deutschen Apotheker. Von ihm bekamen wir die Adresse einer Missionsstation bei Mbeya. Missionsstationen waren immer sichere Übernachtungsorte und so waren wir für diesen Tipp sehr dankbar.
Der Grenzort zwischen Tansania nach Zambia hieß Tunduma. Wie üblich, zwischen den zwei Staaten lag das Niemandsland. Zuerst wurden wir an der tansanischen Grenzstation von einem sehr freundlichen, indisch stämmigen Grenzbeamten abgefertigt. Sehr lockere Atmosphäre. Er stellte die „üblichen“ Fragen wie WO kommt ihr her, WO wollt ich hin, WIE lange seid ihr schon unterwegs. Es war ein angenehmes Gespräch. Unsere Pässe bekamen den sogenannten Ausreisestempel. Damit galten die Visa für Tansania als abgelaufen.
Die Fahrt durch das Niemandsland war kurz, einige hundert Meter.
An der Zambia - Grenzstation „empfing“ uns, aus unserer Sicht, eine Witzfigur. Es war ein Grenzer in kurzer Hose und offener Uniformjacke, der uns barfuß in Augenschein nahm. Der Anblick hatte uns wohl zu der einen und anderen Äußerung (unter uns) über seine Person verleitet. Was wir zu dem Zeitpunkt noch nicht wussten: der Grenzer verstand und sprach Deutsch, dazu noch mit stark sächsischem Klang! Nachdem er unsere Visa mit dem Stempel UNGÜLTIG – unerwünschte Ausländer - gestempelt hatte, erfuhren wir von ihm, dass er in der DDR „studiert“ hatte. Und nun sollten wir mal zusehen, wie wir aus dem Niemandsland wieder herauskämen. ER würde uns NIE nach Zambia hineinlassen, wir wären ja Bürger der BRD. Waren unsere Witze über seine Person der Grund? Wir haben es nicht erfahren,
Der rote Stempel im Pass auf der linken Seite mit der Zahl 6 war die Rache des "Grenzbeamten“ an uns Nicht–Kommunisten.
Wir drehten also um und fuhren nach Tansania zurück. „Unser“ indisch stämmiger Grenzbeamter hatte noch Dienst. Welch ein Glück! Wir schilderten ihm unseren Fall. Er schlug vor, uns ein 7 Tage Kurz-Transit-Visa auszustellen. Wir sollten nach Daressalam zur Botschaft von Zambia fahren und neue Visa beantragen. Ihm war bekannt, daß es auf der Zambia Seite diesen „Beamten“ gab. Dass wir alle vier mit beiden Bussen nach Daressalam zurückfuhren, erschien unlogisch. Zu weit (820 km), zu lange unterwegs, zu teuer. Also mein Vorschlag: Ich fahre mit den 4 Pässen und Vollmachten meiner Kameraden per Linienbus nach Daressalam und besorge im Konsulat neue Visa für uns alle vier. Es gab einen Linienbus der von Mbeya nach Daressalam fuhr. So fuhren wir die ca. 80 km zu der Missionsstation nach Mbeya zurück. Noch am selben Tag erkundigte ich mich am „Busbahnhof" nach den Abfahrtzeiten. Es war ein Mittwoch. Die Auskunft lautete: der Bus fährt am Donnerstag. Alle Nachfragen wurden immer wieder gleich beantwortet: der Bus fährt am Donnerstag. Ich wollte gerne die Uhrzeit wissen, wann der Bus ahren sollte. Man verstand meine Frage nicht. In Afrika gehen die Uhren eben anders.
Ab dem frühen Morgen am Folgetag warteten wir mit einem unserer Fahrzeuge am Busbahnhof. Gegen 9 Uhr kam ein Bus aus Daressalam an. Alles aussteigen, Bus in die Werkstatt, reinigen, tanken, Fahrerwechsel. Jetzt hieß es: Abfahrt so um 11 Uhr. Es klappte. Um 11:15 Uhr fuhr der Bus ab. Der Fahrer hatte mir den Platz hinter dem Fahrersitz angeboten. Schnell merkte ich, der Fahrer hatte Mitleid mit mir, denn hinten im Bus kam die Frischluft des geöffneten Fahrerfensters nicht an. Im Gepäcknetz lagen lebende Hühner mit zusammengebundenen Beinen. Ein Fahrgast hatte eine Ziege dabei. Es roch weiter hinten wohl nicht so gut. Vom Fahrer erfuhr ich, Fahrzeit ca. 21 Stunden, wir sollten am Folgetag um 8 Uhr früh in Daressalam ankommen.
Das Konsulat war schnell gefunden. Unser „Türöffneralbum“ mit den Fotos unseres Bundeskanzlers, des Bundespräsidenten, der Begum und Kaisers Haile Selassie etc., hatte ich dabei. Ich erklärte den Leuten im Konsulat, wir seien in halboffizieller Mission unterwegs. Das machte Eindruck. Die Frage nach der Ablehnung der Einreise durch den Grenzbeamten beantwortete ich so, dass wir den Eindruck gehabt hatten, der Grenzbeamte sei auf Westdeutsche nicht gut zu sprechen, da er in Ostdeutschland indoktriniert worden sein könnte. Innerhalb kurzer Zeit hatte ich für uns alle die neuen Visa, eingestempelt in unsere Pässe.
Der Bus fuhr um 19:30 Uhr pünktlich ab. Wie auf der Hinfahrt legte der Fahrer ca. alle 3 Stunden an „Hotels“ eine Pause ein. Hier gab es Händler direkt an der Busstation, die warmes Essen, Obst und Getränke anboten. Die Sanitäranlagen in den „Hotels“ waren sehr gewöhnungsbedürftig. Nach wieder etwas über 20 Stunden im Bus traf ich meine Kameraden wieder. Wir fuhren sogleich in Richtung Zambia bis zur Grenze. Dort übernachteten wir. Ich schlief sehr tief aber leider nicht sehr lange.
Um 7:30 Uhr waren wir wieder im Niemandsland. Wir fuhren nur so weit in Richtung Zambia, dass man uns vom Zollhaus nicht sehen konnte. Aus guter Deckung heraus beobachteten wir mit unseren Ferngläsern die Zollstation. Den barfüßigen Beamten mit der kurzen Hose konnten wir nicht ausmachen. Nach ca. einer Stunde Beobachtungszeit fuhren wir zur Zollstation. Die Abfertigung dauerte trotz der neuen Visa und eines Schreibens des Konsulats über unsere halboffizielle Mission über 1 Stunde. Dann hatten wir die Erlaubnis in Zambia mit unseren Autos fahren und TANKEN zu dürfen.
Dieses Hindernis war auch geschafft. Der Barfüßige war nicht aufgetaucht.
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