Bevor es losgeht in Richtung Süden, also Richtung Kapstadt, steht noch der geplante Besuch des Katharinenklosters auf dem Programm.
Als Heinz und Henner am 21.12.1965 mit unserem zweiten Auto auf den Parkplatz des Kairo Hilton Hotels rollten, hatten sie einen weiteren VW Bus „im Schlepp“. An Bord ein deutsches Ehepaar, Irma und Werner aus Mülheim. Deren Reiseziel war ebenfalls das Katharinenkloster auf der Sinai Halbinsel. Zufällig hatte sich auch die 3er Gruppe aus England mit ihrem Morris Transporter auf dem Parkplatz eingefunden. Die drei hatten Helmut und ich bei Tobruk in Libyen kennengelernt. Es waren George, Bill und Ian. Nachmittags startete die Fahrzeugkolonne in Richtung Suez, um am Folgetag mit der ersten Fähre am frühen Morgen den Suezkanal zu queren.
Auszug aus dem Bordtagebuch vom 24.12.1965:
Herrlicher Sonnenschein, wie schon seit Tagen. Überfahrt hat gut geklappt. Auf der Asphaltstraße hatten wir ca. 250 km nach Süden vor uns. Dann ging es gen Osten in ein (meistens) ausgetrocknetes Flussbett. Im Wadi sind es noch etwa 100 km nach Osten, von Meereshöhe bis auf ca.1600 Meter Höhe zum Kloster. So der Plan. Nach mehreren 100 Metern im Wadi steckten die Engländer mit dem Morris (wenig Bodenfreiheit) und Irma und Werners VW Bus im losen Sand fest. Beide hatten keine „Sandbleche“, um aus dem losen Sand herauszukommen. So ging es also nicht. Einige Kilometer zurück an der Asphaltstraße hatten wir zuvor an einer Baustelle mit Camp gehalten. Dorthin fuhren wir nun. Es war bereits 16 Uhr geworden. Und es war Heiligabend.
Die Engländer wollen unter sich bleiben. Unsere zwei VW Busse und der von Irma und Werner wurden zu einer Wagenburg aufgestellt. Darüber das fest an einem unserer Busse montierte Sonnensegel (Überzelt) gespannt. Am Bus, links auf dem Bild, die Plastikfolie als Schutz gegen den starken Wind (Sandsturm) gespannt. Fertig war die Wagenburg.
Jeder von uns hatte heimlich etwas zu Weihnachten eingepackt und mitgenommen, vom künstlichen Tannenbaum bis zu Lebkuchen und Apfelsinen, vom Bremer Klaben (Stollen) bis zu Marzipankartoffeln. Es war sehr gemütlich. Helmut und Heinz spielten Weihnachtslieder, auch mittzwanziger Junggesellen können romantisch sein! Jeder hatte seinen „bunten Teller“. Abends dann ein Lagerfeuer, Holz lag an der Uferstraße ja genug herum. Jeder dachte wohl an zu Hause.
Am 25.12. 1965 der nächste Versuch. Irma und Werner gaben ihre Pläne zum Kloster zu fahren auf. Nach ca. 10 km und gefühlten 2 Stunden Auto frei schaufeln geben auch die Engländer mit dem Morris auf. Der Wagen eignete sich nicht für Sandwege und Flussbetten. Gemäß der Genehmigung (Permit) um zum Kloster fahren zu dürfen übernahmen wir von den Engländern den einheimischen Führer. Achmed war ca. 1,50 m groß oder besser klein. Gemäß der Bestimmungen der Fahrerlaubnis zum Kloster, musste der Begleiter mit Essen und Trinken versorgt werden. Wir hatten unsere Hauptmahlzeiten auf den Abend verlegt um tagsüber keine Zeit zu verlieren. Zum Abendessen bereitete Henner eine Erbsensuppe (aus der 5 Kg Tüte). Auch für Achmed, unseren Begleiter. Was uns ganz klar war, Achmed, ein Moslem, durfte kein Schweinefleisch essen. Aber in der Erbsensuppe war nun mal getrockneter Speck. Achmed schmeckte das gut, nachdem wir im mit vielen Gesten weisgemacht hatten, dass die Fleischeinlage von einem Federvieh stammt. Von da ab wollte unser Begleiter nur noch Erbsensuppe essen. Bei einer Körpergröße von 1,50 Metern hatte er den Appetit eines 1,90 Meter Mannes! Es war eine Freude, ihm beim Essen zuzusehen. Der Grund warum Moslems das Essen von Schweinefleisch laut Koran verboten war lag wohl darin, dass eine Fleischbeschau auf Trichinen in den muslimischen Ländern nicht flächendeckend möglich war und ist.
Nach ca. 2 ½ Stunden und ca. 50 km erreichten wir die Oase Faisan. Die letzte Etappe zum Kloster war dann relativ gut zu fahren. Unsere Ansprüche an die „Straße“ hatten wir den Gegebenheiten angepasst. Dann war es soweit, am frühen Nachmittag lag das Kloster vor uns, eingebettet in einer Schlucht dieser fantastischen Bergwelt.
Es erfolgte die Anmeldung im Kloster. Da wir über das Goethe Institut schriftlich avisiert waren, begrüßte uns der Patriarch persönlich und führte uns kurz herum.
Es folgte eine sehr exklusive Besichtigung des Klosters. Das Kloster lag eingebettet in einer Steinwüste. Der Friedhof des Klosters war klein. So war es erforderlich, die am längsten Verstorbenen wieder auszugraben und im „Beinhaus“ zu “bestatten“. Bei dem Anblick lief es uns allen kalt den Rücken herunter, darauf waren wir nicht vorbereitet.
Am Tag darauf erfolgte die Besteigung des Mosesbergs. Den Aufstieg schafften wir in 2 Stunden. Hier hatte Moses also die 10 Gebote empfangen. Ein ehrwürdiger Ort an dem eine kleine Kapelle und eine kleine Moschee gebaut wurden. Koexistenz der Religionen. Wir genossen die Bergwelt und hingen unseren Gedanken nach. Beim Abstieg war ich etwas unvorsichtig, rutsche aus, stürzte ein kleines Stück ab. Der linke Fuß tat höllisch weh. Als wir Im Kloster ankamen, war es schon dunkel. Hilfsbereite griechisch orthodoxe Mönche brachten kühle Umschläge und untersuchten meinen Fuß. Offensichtlich nichts gebrochen.
Im Kloster gab es eine Kopie eines angeblichen echten Dokuments von Mohammed persönlich, dass den Standort des Klosters garantiert. Das hat aber den Muselmanen Kalif - al - Hakim im 11. Jahrhundert nicht davon abgehalten, das Kloster angreifen zu wollen. In Windeseile wurden innerhalb der Klostermauern eine Moschee und ein Minarett gebaut. Vom Kalifen hatte man anschließend nichts mehr gehört.
Die Rückfahrt zum Camp am Roten Meer war unspektakulär. Das Fahren im Wadi war für uns eine gute Übung für das, was uns noch bevorstehen sollte. Aber das wussten wir zu diesem Zeitpunkt ja noch nicht.
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