Mittags fuhren wir von den Viktoriafällen ab. Über Bulawayo wollten wir nach Beitbrigde fahren, den Grenzfluss Limpopo überqueren und nach Südafrika einreisen. Man hatte uns erzählt, dass wir in Simbabwe auf asphaltierten Straßen unterwegs sein sollten. Wie diese asphaltierten Straßen aussahen, hatte man uns aber nicht gesagt. Das stand auch nicht im Handbuch des südafriknaschen Automobilclubs (AA) über die Trans-African Highways geschrieben. Die Straße bestand aus 2 Asphaltstreifen.
Auf dieser Art Straßen musste man sich bei Gegenverkehr entscheiden: weiter auf den beiden Asphaltstreifen fahren und den aufgewirbelten Dreck des Gegenverkehrs ertragen? Oder sollte man auf einem Streifen fahren und der Gegenverkehr auf dem anderen Streifen? Dann musste jeder den aufgewirbelten Dreck des anderen schlucken. Wie wir es machten? Mal so mal so, je nachdem wie das entgegenkommende Fahrzeug sich verhielt. Dazu wäre noch festzuhalten: Wir fuhren fast immer mit geöffneten Fenstern. Es gab zu der Zeit, als wir unterwegs waren, so gut wie keine Autos mit Klimaanlagen.
Nachmittags legten wir eine Zwangspause ein. Bei einem Wagen gab die Lenkung knarrende Geräusche von sich. Unter dem Auto liegend quetschte ich ¼ Liter Öl und etwas Liqui Moly, eine Molybdändisulfid Paste, in die kaum zugängliche Einfüllöffnung des Lenkgetriebes. Ein vorbeifahrendes Auto hielt an und der Fahrer fragte, ob wir Hilfe brauchten. Das war in Afrika so üblich. Es war ein Pater. Er lud uns ein, auf „einen Kaffee“ mit zur nahegelegenen Missionsstation zu kommen. Wir nahmen dankend an und saßen kurze Zeit später auf einer Terrasse der Missionsstation mit Kirche und Schule und genossen den frisch gebrühten Kaffee.
Es kamen weitere Patres dazu und wir unterhielten uns. Die Zeit verging. Da auf der südlichen Halbkugel im Juli Winter war, wurde es früh dunkel. Außerdem befanden wir uns noch nördlich des südlichen Wendekreises, also waren die Tage und Nächte immer ähnlich lang. Man bot uns an, über Nacht bei der Station zu bleiben, um später am Abend unsere Gespräche fortzusetzen. Wir bekamen die Einladung, uns vom Staub des Tages zu reinigen.
Dazu konnten wir die Badewannen der Missionsstation benutzen. Dem Reisenden ein Bad anzubieten war in Afrika üblich, so wie bei uns einem Ankommenden nach längerer Anreise ein Getränk. Welch ein Genuss, endlich konnten wir ein Vollbad nehmen.
Nach der Abendandacht der frommen Männer saßen wir „frisch gebadet“ wieder im größeren Kreis auf der Terrasse zusammen und erhielten u.a. wertvolle Hinweise auf Sehenswürdigkeiten in Südrhodesien. So zum Beispiel auf die angeblich 10.000 Jahre alten Höhlenmalereien im Matopos Park, südlich von Bulawayo.
Im Verlauf des Abends erfuhren wir weiter, dass in Südrhodesien die besten Tabaksorten wie Virginia und Burley angebaut wurden. Wie fast immer war es unvermeidlich, waren im Laufe der Unterhaltung kanem wir auch auf politische Themen. So hatte der damalige Premierminister Ian Smith 1965 einseitig die Unabhängigkeit von England unter Vorherrschaft der weißen Minderheit erklärt. Das brachte Südrhodesien sofort in eine Art Isolation. Südrhodesien hatte 1964 knapp 4 Millionen Einwohner, davon ca. 217 tausend weiße Europäer. Hier herrschte aber keine Mangelwirtschaft wie in Zambia, dem ehemaligen Nordrhodesien. Allerdings war alles teuer, Benzin war fast doppelt so teuer, dafür aber (meistens) verfügbar.
Der Name Zimbabwe stammt aus dem Jahr 800, als ein Bantuvolk die ersten Steinhäuser erbaute und seine Ansiedlung Zimbabwe nannte. Ähnlich alte Bauten hatten wir in Äthiopien bei Gondar gesehen.
Aber zunächst wollten wir über Wankie (heute Hwange), der Bergbaustadt mit Steinkohleflözen von bis zu 12 Metern Dicke (!), weiter ins Matabeleland fahren.
Die Missionare hatten uns detailliert beschrieben und Skizzen angefertigt, wie wir was finden sollten. Wir waren ja ohne Navigationsgerät fürs Auto und ohne Handy unterwegs. Beides war noch nicht erfunden! Es gab zwar unhandliche Handfunkgeräte, davon hatte uns mein Bekannter, der Sudanese aus Bremen, aber dringend abgeraten. Funkgeräte benutzten seinerzeit nur Spione. Man hätte uns verhaften können.
Die ausführlichen Wegbeschreibungen waren für uns also sehr wichtig. Schon in Ägypten hatten wie die Erfahrung gemacht, dass es nicht sinnvoll war, Einheimische nach dem Weg zu fragen, wenn man keine gemeinsame Sprache sprach. Aus folgendem Grund: versuchte man mit „Händen und Füßen“ einen Einheimischen zu fragen, ob die Straße zum Beispiel nach Edfu führte, so schüttelte der Gefragte den Kopf, was wir als NEIN interpretierten. Die Straße führte aber doch zu dem Ort Edfu, zu dem wir wollten. Was machten wir falsch? Ganz einfach, wie wir erfahren sollten, der Gefragte wollte nicht nach EDFU mitgenommen werden! Es war in Afrika üblich, sofern man Platz im Auto oder auf der Ladefläche hatte, „einsame Wanderer“ zu fragen, ob sie mitfahren wollten. So hatten wir uns angewöhnt immer erst zu fragen: „do you speak English?“ Wichtig für die Verständigung war, die Denkweise der anderen zu verstehen. Wie wir im Laufe der Reise des Öfteren festgestellt hatten, „ticken“ die Leute in Afrika anders.
Unser nächstes Ziel war das Matabeleland mit seinen reichen Tierbeständen. Hier sollte es sie noch geben, die „big five“, also Elefant, Nashorn, Büffel, Löwe und Leopard. Wir fanden nur vier.
Einen Leoparden hatten wir auf unserer Reise bisher nicht zu Gesicht bekommen. Hier auch nicht. Auf den Fahrwegen in Nationalparks fuhren wir generell relativ langsam, immer darauf aus, Tiere zu beobachten und zu fotografieren. In einem „Hohlweg“ war ich wohl einmal etwas unachtsam. Trotz Linksverkehr war ich auf die rechte Seite gekommen. Und das in einer Kurve! Plötzlich, im letzten Moment sah ich einen Landrover auf mich zukommen. Der fuhr auf der „richtigen“ Straßenseite. Vollbremsung! Nun standen wir Stoßstange an Stoßstange, aber ohne uns berührt zu haben, und stiegen aus. Der Englisch sprechende Fahrer sagte ohne Umschweife: „YOU ARE GERMAN, ARE YOU?“ und lachte. Ich versuchte mich wortreich zu entschuldigen. Aber er meinte: alles ok, ist doch nichts passiert! Wir unterhielten uns noch etwas, dann fuhren wir weiter, jeder seines Weges.
Der Matopos Nationalpark lag südlich von Bulawayo. Eine sehr beeindruckende Landschaft mit riesigen Monolithen. Auf einem solchen Monolithen fanden wir das Grab von Cecil Rhodes. Von den Einwohnern wurde die Gegend auch „View of the world“ genannt. Am Folgetag planten wir nach Südafrika einzureisen.
Grab von Ceciö Rhodes
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