Am Abend vor unserer Weiterfahrt waren wir gemeinsam mit vier Patres in einem Freiluftkino und haben den Film Dr.Schiwago in englischer Sprache gesehen. Da in diesen Breitengraden die Dämmerungszeit sehr kurz ist, hatten wir den Eindruck, im Hellen in das Freiluftkino hingegangen zu sein und als der Film begann, war es bereits dunkel genug.
Am nächsten Morgen, beim gemeinsamen Frühstück mit den Missionaren, fragte man uns, ob wir denn die vielen Benzinkanister auf den Dachgepäckträgern noch benötigen würden. In Südafrika gäbe es an allen Tankstellen immer Benzin. Wir freuten uns, uns erkenntlich zeigen zu können und schenkten den Patres von jedem unserer Autos je zwei (leere) Kanister. Denn wie man uns erzählt hatte, gab es auch hier hin und wieder mal Versorgungsengpässe, auch beim Sprit. Wir waren uns bereits darüber einig geworden, eine Rückfahrt über die Westroute Afrikas konnten wir mit unseren VW Bussen nicht riskieren. Die Reparaturkosten waren zu hoch. Die VW Bullis waren eigentlich schrottreif, die Motoren auch.
Auf etwa halbem Weg zwischen Bulawayo und der Grenze nach Südafrika kamen wir durch einen kleinen Ort mit namens West Nicholson. Dieser Ort war wohl nur entstanden, weil es hier einen großen fleischverarbeitenden Betrieb gab. Zur Fabrik mit dem Namen Liebigs gehörten auch die zahlreichen Werkswohnungen für die etwa 700 Angestellten und Arbeiter.
Zu dieser Fleisch- Konservenfabrik wurden von den Farmen aus dem Umland jährlich etwa 80.000 Rinderhälften zur Verarbeitung angeliefert. Pro Tag wurden hier 100 Tonnen Fleisch verarbeitet. Die hergestellten Konserven, das Biltong und die Boerewors, waren zu 90 % für den Export bestimmt. Die restlichen 10 % reichten, um die Inlandsbevölkerung zu versorgen. Der Namensgeber für die Fabrik war Dr. Justus Liebig. Den Namen hatten wir noch aus dem Chemieunterricht unserer Schulzeit dunkel in Erinnerung.
Das Wort Biltong kam aus dem Holländischen und hieß so viel wie Keule (bil) und Zunge (tong). Hierbei handelte es sich um in Streifen geschnittenes Fleisch, das gewürzt und luftgetrocknet haltbar gemacht wurde. Boerewors, auf Deutsch „Bauernwurst“, war eine zur Schnecke aufgerollte Grillwurstspezialität. Ein Grillabend ohne Boerewors ging im südlichen Afrika gar nicht. Nach unserer fast 2 ½ stündigen Besichtigungstour schenkte uns der Manager ein großes „Fresspaket“ mit haltbaren Spezialitäten aus seiner Fertigung. Gleich nach der Grenze zu Südafrika lernten wir ein neues Verkehrsschild kennen.
Diese Art Wildwechsel fand nicht nur in der Dämmerung, sondern zu jeder Tages- und Nachtzeit, statt. Dieses Schild nahm jeder ernst!
In den Ortschaften, durch die wir fuhren, standen Frauen am Straßenrand und verkauften Obst und Gemüse. Henner erstand einen Sack Apfelsinen, die wir alle vorher probiert hatten. Süß und saftig, Preis umgerechnet 2,40 Mark für 60 Stück.
Henner hat Apfeösinen gekauft, Helmut hilft tragen..
In Pretoria hatten wir eine „Postabholadresse“, an die unsere Post geschickt wurde. Wir taten uns zunächst schwer, uns in der Hauptstadt Südafrikas zurecht-zufinden. Hatten wir uns in den letzten 8 Monaten zu sehr an die Weite und die weitläufigen Ortschaften gewöhnt? Die Enge der Großstadt war zumindest gewöhnungsbedürftig. Die abgeholte Post verteilte sich fast wie immer: ca. 50 % waren an Heinz adressiert, je 20 % an Helmut und mich und ein Brief für Henner.
Die nächsten Tage pendelten wir zwischen Pretoria und dem Moloch Johannesburg hin und her. Unser Entschluss, unsere Autos in Südafrika zu verkaufen, bedeutete, dass wir diese zuerst einmal importieren mussten. Das konnte vorzugsweise über den AA, den südafrikanischen Automobilclub, erledigt werden. Das Hauptbüro des Clubs lag in Johannesburg, der Stadt mit der höchsten Kriminalitätsrate. Unsere Autos fuhren nämlich mit sogenannten ovalen Zollnummern, d.h. man konnte durch alle Länder fast unbehelligt durchfahren (Transit Prinzip).
Nur in dem Land, auf das die Fahrzeuge „zugelassen“ waren, wurden Einfuhrzoll und etwaige Gebühren fällig. Aus diesem Grund waren unsere Fahrzeuge auf den Ministaat Gambia / Westafrika angemeldet, wo kein Besuch vorgesehen war. Unsere Adresse hieß: Bathurst - Airport, Postlagernd.
Bild: mit freundl. Genehmingung Weser-Kurier, Bremen
13. Juli 1966: Wir wollten noch zur Zeitung, den Pretoria News, um einen Artikel „zu verkaufen“. Der Artikel mit Foto erschien am 14.7.1966. In der Radaktion lernten wir eine sehr hübsche Engländerin kennen. Sie, ihr Mann und Ihr Bruder wollten nach England zurück und suchten ein geeignetes Fahtzeug. Wir hatten in dem Interview erwähnt, dass wir unsere Reise in Kapstadt beenden wollten. Die Familie begutachtete den grauen Bus und zeigte großes Interesse, auch an der Ausrüstung. Wir wurden uns einig, den Bus zu verkaufen. Die Übergabe sollte nach unserer Ankunft in Kapstadt erfolgen. Die Foto-, Film-, Tonbandausrüstung, das Radio (NordMende Globetrotter Kurzwellenempfänger) und die Waffen waren nicht Gegenstand des Verkaufs. Der Kaufpreis von 350 Pfund Sterling, also 3.910 Deutsche Mark wurde von beiden Seiten akzeptiert. Somit hatten wir schon mal eine Sorge weniger, denn Heinz und Helmut gerieten unter Zeitdruck. Die Freistellung von der Arbeit endete am 15. August, also in 4 Wochen. Dann mussten sie wieder in Bremen am Arbeitsplatz sein.
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